F50, Essstörungen nach dem Kapitel V (F) der ICD-10
Bei betreffenden Personen mit Essstörungen zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten im Essverhalten wie *ein absichtlich selbst herbeigeführter oder aufrechterhaltener Gewichtsverlust durch beträchtlicher Anstrengung (z.B. strenge Diäten, Erbrechen, Abführmittel, übertriebene körperliche Aktivität), * eine unangemessene Furcht, dick zu sein oder an Gewicht zuzunehmen, *wiederholte Anfälle von Essattacken mit anschließender übertriebener Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts, *übermäßiges Essen, welches zu Übergewicht führt & *evtl. eine Verleugnung von Problemen mit dem Gewicht oder Essverhalten.
Zu der Kategorie der Essstörungen gehört die Aneroxia nervosa, auch Magersucht genannt. Diese psychische Störung ist eine sehr ernstzunehmende Störung, an der v.a. junge Mädchen & Frauen leiden. Die Betroffenen neigen zu einem absichtlich herbeigeführten &/ oder aufrechterhaltenen Gewichtverlust trotz sehr geringem Körpergewichtes (mind. 15% unter Normalgewicht) & weisen eine gestörte Körperwahrnehmung als „zu dick“ trotz Untergewichts auf. Mit der Erkrankung ist eine Unterernährung unterschiedlichen Schweregrades verbunden, die sekundär zu endokrinen & metabolischen Veränderungen & körperlichen Funktionsstörungen führt (z.B. Elektrolytstörungen, Amenhorrhoe).
Personen mit Bulimia nervosa leiden unter extremen Anfällen von Heißhunger mit Fressattacken mindestens 2mal pro Woche. Durch selbstinduziertem Erbrechen &/oder Einnehmen von Diuretika oder Laxanzien versuchen sie dem dickmachenden Effekt der Nahrung entgegenzuwirken. Oftmals treten schwere Komplikationen durch das wiederholte Erbrechen auf (z.B. Elektrolytstörungen).
Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen, d.h. ein übermäßiges Essen als Reaktion auf belastende Ereignisse & ein Erbrechen bei sonstigen psychischen Störungen wie bei der hypochondrischen Störungen, zählen ebenso zu dem Oberbegriff Essstörungen.
Die Fettsucht (E66) wird nicht zu den Essstörungen (F50) sondern zu den Ernährungserkrankungen gezählt. Im Rahmen von Essproblemen können depressive oder Zwangssymptome wie auch Merkmale einer Persönlichkeitsstörung vorkommen; dann wird die Abgrenzung zu dieser Störung notwendig. Auszuschließen sind auch somatische Ursachen eines Gewichtverlustes bei jungen Menschen wie z.B. Chronisch konsumierende Krankheiten, Darmerkrankungen o.A.
Im psychologischen Aufklärungsgespräch müssen die möglichen schweren körperlichen Schäden (Todesgefahr!) & die psychosozialen Folgen der Essstörungen unbedingt aufgezeigt werden. Schwerpunkte einer psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung sind u.a. Thematisierung der symptomauslösenden bzw. –aufrechterhaltenden Bedingungen, Entwicklung normaler Essgewohnheiten, Veränderungen extremer Überzeugungen & der irrationalen Denkschemata &/ oder auch Familienberatung. Bei anhaltender oder körperlich gefährlicher Symptomatik ist das Hinzuziehen eines Facharztes unbedingt vonnöten. Eine zusätzliche Behandlung von Psychopharmaka ist unter bestimmten Bedingungen ebenso zu überlegen. Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung erfolgt eine stationäre Einweisung in eine Fachklinik.
Literatur:
Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien/ Weltgesundheitsorganisation. Übers. & hrsg. von H. Dilling et.at. Verlag Hans Huber, 4. durchgesehene & ergänzte Auflage 2000.
Psychische Störungen in der Praxis: Leitfaden zur Diagnostik & Therapie in der Primärversorgung nach dem Kap. V(F) der ICD-10. 4. vollst. überarbeitete Auflage unter Berücksichtigung der ICD-10-GM von H. Müßigbrodt et.at.. Verlag Hans Huber, Bern, 2010.