F40 – F41, Phobische Störungen & sonstige Angststörungen nach dem Kapitel V (F) der ICD-10

Bei betreffenden Personen mit einer phobischen Störung zeigt sich eine unverhältnismäßig starke Angst, die ausschließlich oder überwiegend durch eindeutig definierte, i.A. ungefährliche Objekte oder Situationen hervorgerufen wird. In diesen angstbesetzen Situationen treten körperliche Missempfindungen wie Herzklopfen, Schweißausbrüche, Zittern, Übelkeit oder Luftnot & psychische Beschwerden wie Schwäche, Schwindel, Unwirklichkeitsgefühl, Angst vor Kontrollverlust oder Todesangst auf. Die Angst wird nicht durch die Erkenntnis gemildert, dass andere Menschen die fragliche Situation oder das Objekt nicht als gefährlich oder bedrohlich betrachten. Allein die Vorstellung, dass die phobische Situation eintreten könnte, erzeugt gewöhnlich schon Erwartungsangst. Hinzu kommt ein Vermeidungsverhalten, d.h. die phobische Situation wird –wann immer möglich- vermieden.

Eine Agoraphobie bedeutet eine *Furcht vor Menschenmengen, *öffentlichen Plätzen, *Allein zu reisen oder *mit weiter Entfernung von zu Hause.  Diese Angststörung ist besonders einschränkend; einige Betroffene sind völlig an ihr Haus gefesselt oder sie können nicht mehr allein sein, und viele empfinden Panik bei dem Gedanken, zu kollabieren & hilflos in der Öffentlichkeit liegen zu bleiben. Das Fehlen eines sofort nutzbaren „Fluchtweges“ ist eines der Schlüsselsymptome vieler dieser agoraphobischen Situationen.

**Fürchten Betroffene das Essen & **Sprechen in der Öffentlichkeit, **Teilnahme an kleinen Gruppen (z.B. Partys, Konferenzen) & **weisen sie in diesen Situationen typische Beschwerden wie Erröten, Händezittern, Übelkeit & Harndrang auf, so spricht man hier von einer sozialen Phobie.

Bei den spezifischen (isolierten) Phobien handelt es sich um massive ***Ängste, die auf ganz spezifische Situationen beschränkt sind (z.B. vor bestimmten Tieren, Höhen, Donner, Dunkelheit, Fliegen, geschlossenen Räume, Urinieren auf öffentlichen Toiletten, Verzehr bestimmter Speisen, Anblick von Blut oder bestimmten Krankheiten). Obwohl die auslösende Situation eng begrenzt ist, kann sie wie bei der Agoraphobie oder sozialen Phobie Panik auslösen.

Nicht auf bestimmte Umgebungssituationen begrenzte Angst stellt das Hauptsymptom der sonstigen Angststörung dar.  *Entweder tritt eine plötzliche, unvorhersehbare Angstattacke mit extremen körperlichen Symptomen (z.B. Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwindel, Oberbauchbeschwerden oder Entfremdungsgefühlen) von meist nur kurzer Dauer auf. Bei den Betroffen führt es häufig zur Furcht vor einer neuen Attacke („Angst vor der Angst“) & zum Vermeiden von Situationen, in denen solche Attacken aufgetreten sind oder von körperlichen Betätigungen & Aktivitäten, die der Panik ähnliche Körpersensationen hervorrufen können.       **Oder das klinische Leitbild der Angststörung ist geprägt von einer über Monate anhaltende Anspannung, Besorgnis & Befürchtung in Bezug auf alltägliche Ereignisse oder Probleme. Begleitet wird dies von psychischen (wie Nervosität, Einschlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwäche, Schwindel, Entfremdungsgefühlen, depressive Symptome, Todesangst oder Angst vor Kontrollverlust) & körperlichen Beschwerden (wie Spannungskopfschmerz, Zittern, Schwitzen, Herzklopfen/Herzrasen, Mundtrockenheit, Muskelverspannungen oder Oberbauch-schmerzen).

Zu der Kategorie der anderen Angststörungen gehören je nach diagnostischen Leitsymptomen die Panikstörung (episodische paroxysmale Angst), generalisierte Angststörung, Angst & depressive Störung gemischt sowie sonstige gemischte Angststörung .

Die angstbesetzen Störungen treten häufig gleichzeitig mit der Depression auf. Die Hauptdiagnose „phobische Störung“ oder „andere Angststörung“ ist nur dann zulässig, wenn die Betreffenden nicht die vollständigen Kriterien einer depressiven Episode, Zwangsstörung, hypochondrischen oder wahnhaften Störung (o. A.) erfüllen.

Bei der Behandlung von Angststörungen müssen angst- bzw. panikauslösende Situationen ebenso wie derzeit vorhandene kritische Lebensereignisse sorgfältig exploriert & thematisiert werden. Unterschiedlichste psychologische oder psychotherapeutische Therapiemethoden zeigen bei vielen Betroffenen gute Erfolge, allerdings bei schwerer, häufig auftretender Angstsymptomatik oder bei gleichzeitig bestehender schwerer depressiver (o.a.) Symptomatik ist eine zusätzliche Behandlung mithilfe einer psychopharmakologischen Medikation zu empfehlen; hier ist das Hinzuziehen eines Facharztes zur Beurteilung & medikamentösen Therapieplanung vonnöten. Bei erhöhtem Suizidrisiko erfolgt eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik.

 

 

Literatur:                                                                                                                                                                       

Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien/ Weltgesundheits-organisation. Übers. & hrsg. von H. Dilling et.at.  Verlag Hans Huber, 4.durchgesehene & ergänzte Auflage 2000.

Psychische Störungen in der Praxis: Leitfaden zur Diagnostik & Therapie in der Primärversorgung nach Kap.V(F) der ICD-10.  4. vollst. überarbeitete Auflage unter Berücksichtigung der ICD-10-GM von H. Müßigbrodt et.at.. Verlag Hans Huber, Bern, 2010